Das gelbe Gold des Wienerwaldes
Manchmal entscheidet der Zufall über das Schicksal. So auch bei Hannes Walha. Als er eines Tages beim Frühstück im Wienerwald saß und zufällig im Fernsehen sah, wie eine Imkerin dem Bundespräsidenten ein Glas Honig überreichte, kam ihm ein wegweisender Gedanke.
„Es passieren schon Dinge, wo man sich mit Demut eingestehen muss, dass man nichts dagegen unternehmen kann“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich diese wundervollen Geschöpfe nicht mehr in meinem Garten habe“
Imker Hannes Walha liebt es, wenn es in seinem Garten summt und brummt.
„Ich war fasziniert von diesen Lebewesen, hockte stundenlang vor den Fluglöchern und beobachtete das Gesumme. Es war wundervoll“, schwärmt Hannes. Seine Begeisterung für die Bienen und den Honig teilen sogleich auch seine Abnehmer, was ihn dazu veranlasste, aufzustocken. Aus vier Völkern wurden 45, eine ordentliches Corporate Design wurde erstellt, Fotoshootings veranlasst und der Ambroso-Honig war geboren.
Statt den herkömmlichen, durchsichtigen Gläsern, wählte Hannes das Besondere. Doch nicht nur wegen des Designs: „Es ist bekannt, dass Honig lichtempfindlich ist, daher war ich lange auf der Suche nach einem geeigneten Glas.“ Bei einem Schweizer Unternehmen wurde er fündig, die Wahl fiel auf Violettglas. Darin wird der Honig vor Sonneneinstrahlung geschützt. „Ein Imker meinte, dass ich nie ein Glas verkaufen werde, da die Leute den Honig sehen wollen. Aber ich dachte mir, was habe ich davon, wenn man sieht, wie der Honig aussieht? Entscheidend ist doch, wie er schmeckt.“
Und er schmeckte. Eine österreichische Tageszeitung bezeichnete sein Produkt unlängst als „den heimischen Kaviar unter den Honigen“. Doch Hannes gibt sich bescheiden: „Den Honig machen die Bienen und die Landschaft. Ich kann an dem Produkt nie so viel beeinflussen, wie es vielleicht ein Weinbauer kann. Ich kann lediglich hygienisch arbeiten, meine Bienen gut betreuen und schauen, dass sie den Winter überleben. Wie der Honig letztlich schmeckt, das liegt rein an den Bienen selbst und an dieser wundervollen Landschaft.“
Biosphärenpark Wienerwald
Mit letzterem meint Hannes den Wienerwald. Sanfte Hügel, lichtdurchflutete Wälder, gesunder Lebensraum für eine besondere Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren. Dabei wäre dieses Kleinod beinahe vollends zerstört worden. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden große Abschnitte zur Abholzung freigegeben, erst Jahre später gelang es, die Schlägerungen zu stoppen. Der Wald erholte sich langsam und zählt heute als UNESCO Biosphärenpark mit 17 Naturschutzgebieten zu einem der beliebtesten Naherholungsziele Wiens. Verständlich, dass Hannes keinen anderen Platz für seine Bienen möchte: „Hier ist der ideale Platz. Ich möchte nicht dort wohnen, wo Raps- und Sonnenblumenfelder wachsen, weil dort teilweise mit Spritzmittel gearbeitet wird.“
Seine Ambroso-Bienen haben einen Aktionsradius von rund drei Kilometer. Weitere Strecken fliegen sie nicht, da der Nektar zugleich der Treibstoff der fleißigen Tiere ist. Geerntet wird vom Imker nur der Überschuss, also das, was die Bienen nicht brauchen. Mit rund 45 Bienenvölker erhält man zwischen null und eineinhalb Tonnen Honig, weiß Hannes: „Einen Totalausfall hat es glücklicherweise noch nicht gegeben, ein, zwei schlechtere Jahre waren schon dabei.“ Der gesamte Kreislauf der Natur zeigt sofort Auswirkungen: Lange Winter, viel Regen, keine gute Blüte, eine plötzliche Kältewelle.
„Es gibt das Phänomen, dass Bienen, wenn es plötzlich kalt wird, vom Futterstrom abreißen und es nicht mehr zum Futter schaffen, obwohl welches da wäre. Bienen erstarren, wenn die Temperatur unter sieben Grad Celsius fällt. Es passieren schon Dinge, wo man sich mit Demut eingestehen muss, dass man nichts dagegen unternehmen kann.“ Der Imker kann die Bienen nur so gut es geht, unterstützen: „Heute muss man ganz klar sagen, dass die Honigbiene in der Natur ausgestorben ist. Das ist den Menschen nicht so bewusst, aber es gibt nur mehr den Imker, der die Bienen pflegt. In der Natur gibt es so gut wie keine Honigbienen mehr, weil die Varroamilbe das Volk in kurzer Zeit tötet.“ Daher versucht Hannes ein Ausschwärmen der Bienenvölker tunlichst zu verhindern: „Ein Schwarm, der sich irgendwo im Wald ein neues Zuhause schafft, wird letztlich zusammenbrechen, weil sich die Bienen nicht allein gegen die Varroamilben wehren können.“
Strittige Bekämpfungsmittel
Die Bekämpfung der Varroamilbe findet mit Medikamenten statt, was jedoch dazu führt, dass sich Rückstände im Bienenwachs ablagern und in den Honig übergehen. Kein Thema für den Bio-Honig, dort ist diese Behandlungsmethode verboten: „Wir arbeiten mit Ameisensäure, das ist schonender für die Bienen.“ Zu der Bedrohung durch die Varroamilbe gesellen sich auch die von der Landwirtschaft eingesetzten Pestizide. „Ich kann nicht sagen, wohin die Bienen fliegen und ob es sich um pestizidverseuchte Gebiete handelt.
Die Behandlungen gegen die Varroamilbe und die Gefahr durch Pestizide führen dazu, dass es den Bienen immer schlechter geht.“ Daher versucht er einen anderen Weg zu gehen, weg von den Säuremitteln, wenngleich dieser sehr aufwendig ist: „Ich versuche die Bienen brutfrei zu machen zu einem Zeitpunkt, wenn ich keine weiteren mehr benötige. Die Königin wird dabei in einen Käfig gesperrt und kann dort keine Eier mehr legen, was dazu führt, dass in 21 Tagen sämtliche Brut schlüpft, und der Bienenstock danach brutfrei ist. Dann kann ich mit schonenden Mitteln gegen die Varroamilbe vorgehen.“ Ganz schön aufwendig, so eine Königin unter 40.000 Bienen muss schließlich erst einmal gefunden werden.
Aber wer hat schon behauptet, dass das Halten von Bienen eine leichte Sache ist. „Das ist nicht so, wie wenn man eine Katze kauft. Es dauert Jahre, bis man das Gefühl hat, halbwegs richtig vorzugehen und den Bienen Gutes zu tun. Obwohl es einer der aufwendigsten und schwierigsten Tierhaltungen ist, wie man mir sagte, ist es für mich jedes Jahr aufs Neue ein Wunder. Hier und da stechen sie mich, da werde ich dann zornig, aber im Großen und Ganzen überwiegt die Freude und das Glück.“ Hergestellt werden die reinen Sortenhonige aus Frühlings- und Lindenblüten sowie zwei Sorten mit den Biokräutern Zitronen-Verbene und Lavendelblüten.
Der Jahreskreislauf des Imkers
Das Imkern übers Jahr gesehen, beschränkt sich stark auf die Monate Mai und Juni: „Im Winter ist es ruhig aber man weiß nie, wie viele Völker im Frühjahr noch am Leben sind. Losgehen tut es dann im März, da versuche ich den toten Fall zu entfernen und zu reinigen. Jeden Tag kommen in einen Bienenstock bis zu 2000 Bienen auf die Welt und jeden Tag sterben auch sehr viele. Die Aufwärtsbewegung eines Bienenstocks im Frühling zu erleben, das ist schon unglaublich.“ Vom Ernten zur Paketaufgabe macht Hannes alles selbst. „Bei der Ernte hilft meine Partnerin.“
Ein Leben ohne Bienen kann sich der ehemalige Manager und nunmehr glückliche Imker nicht mehr ausmalen: „Ich sehe die Entwicklung von Pestiziden und Schädlingen mit wachsamen Auge. Sollte diese schlimmer werden, werde ich meinen Bestand vielleicht verringern. Aber ganz aufgeben? Nein, da müssten sie mir schon genommen werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich diese wundervollen Geschöpfe nicht mehr in meinem Garten habe.“
Text: Sabine Ertl
Video & Foto: Daniel Gollner
Kontakt
Wer neugierig auf den Geschmack des Wienerwaldes ist, bestellt sich am besten Hannes Walhas Honige aus seiner AMBROSO Honigmanufaktur. Wer sehen will, wo die Bienen ihre Pollen und Blütennektar sammeln, der besucht am besten den Biosphärenpark Wienerwald: eine unglaubliche Landschaftvielfalt, in der immerhin Platz für nicht weniger als 16 Naturschutzgebiete und 4 Naturparks ist, lädt am Rande der Millionenstadt Wien zum Spazieren und Wandern, Radfahren und Biken ein.
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