Schauspielerin Ursula Strauss

Das zweite Gesicht der Wachau

Wenn die Tage kürzer und die Nächte wieder länger werden, verändert sich die einzigartige Seelenlandschaft an der Donau. Ursula Strauss über das andere Gesicht der Wachau.

Denkt man an die Wachau, hat man ein grünes Riedenmeer vor Augen, das sanft die besten Lagen umspült. Da klirrt und lacht es aus den Heurigen, während sich die Donau ihren Weg durch die historische Kulturlandschaft bahnt. So kennt man sie, so liebt man sie. Aber es gibt noch eine ganz andere Wachau. Eine etwas rauere und stillere. Eine, die zum Rückzug und zum Müßiggang einlädt.. Besonders gut gelingt das, wenn Ursula Strauss im Herbst mit „Wachau in Echtzeit“ historische und bisher ungesehene Orte mit ihren liebsten Kolleginnen und Kollegen bespielt.

Das Weingut Geyerhof ist Schauplatz der Programmpräsentation von Wachau in Echtzeit
Schauspielkollege Wolf Bachofner

„Wir sind so beschenkt von der Gegend in der wir leben, von der Natur, den Menschen. Das dürfen wir nie vergessen – und darum müssen wir mit offenen Augen durchgehen.“

Ursula Strauß genießt die Natur rundherum

Von Oktober bis Dezember tritt „das Telefonbuch von der Uschi“, wie Alexander Hauer, künstlerischer Organisator, es spitzbübisch nennt, in der Wachau auf. Ursula Strauss ist als künstlerische Leiterin zum wiederholten Mal für das großartige Programm von „Wachau in Echtzeit“ verantwortlich, das am Bio-Weingut Geyerhof vorgestellt wird. Bei einem Glas Grüner Veltliner erzählt Ursula Strauss von den Stücke, die am Programm stehen und der winterlichen Wachau.

Da komm‘ ich her, da g’hör ich hin

Dass die Region nach wie vor ihr zuhause ist, spürt man. Ursula Strauss liebt die Gegend, in der sie aufgewachsen ist. So oft es geht ist sie daheim in Pöchlarn, ihrem zweiten Lebensmittelpunkt. „Zurück in die Anonymität des Landes“, nennt sie es grinsend, „Dorthin, wo die Seele anders baumelt als in der Stadt.“ Und dorthin, wo ihre Familie ist – wo sie einfach die Uschi ist. Wenn Ursula Strauss von ihren Lieben spricht, bekommt ihre Stimme einen anderen, fast stolzen, Klang. „Heurigen haben wir fast alle durchgekostet – das sind unsere Familienausflüge“, erzählt sie und strahlt ihre Mama an, die „ihrer Uschi“ gerade ein Brot mit Geselchtem bringt. „Die Mama ist eigentlich fast immer dabei“, erwähnt sie liebevoll und lässt es sich schmecken.

Liebevolles Bussi für Uschi von der Mama

Still und doch so kraftvoll

„Die Wachau ist eine Gefühlsgegend. Wie Venedig im November“, beschreibt Ursula Strauss die Stimmung in der kalten Jahreszeit, wenn die großen Touristenströme wieder zuhause sind. „So wie die Stimmung in der ang‘flockerlten Wachau im Herbst, sind auch unsere Abende immer etwas sehr Intimes. Man geht gemeinsam mit den Gästen einen Weg – das setzt Kräfte und Energien frei, die kann man nicht in Worte fassen. Die machen was mit den Leuten, das schafft eine Geschichte miteinander – innerhalb einer Stunde“, erzählt sie. Und strahlt.

Ursula nachdenklich gestimmt

„Die Wachau hat einfach eine alte Seele, die spürt man.“

Der Ruf der Ursula

Künstler wie Katharina Straßer, Robert Palfrader, Philipp Hochmair oder Alexander Jagsch – um nur einige zu nennen – haben „Wachau in Echtzeit“ schon bespielt. „Als würde ich meine Familie bitten einen Abend zu gestalten“, beschreibt Ursula Strauss die Einladung an ihre Kolleginnen und Kollegen. „Es hat sich noch keiner gewehrt. Bis auf den Peter Simonischek, der‘s zeitlich nicht geschafft hat, hat bis jetzt niemand nein gesagt.“ Die Gründe dafür sind schnell aufgezählt. „Es ist nicht weit weg von Wien, Essen und Trinken tun alle gern gut, es ist wunderschön hier – das ist halt eine Kombination, die kaum schlagbar ist“, sagt sie und grinst wissend. „Bis jetzt waren immer alle ganz angetan von der Atmosphäre und den kulinarischen Genüssen.“

„Es ist nicht weit weg von Wien, Essen und Trinken tun alle gern gut – das ist halt eine Kombination, die kaum schlagbar ist.“

Der historische Innenhof des Weingutes
Uschi im Weinkeller
Der Grüne Veltliner Gaisberg 2015 reift im Fass

Atmosphärische Orte und unvergessliche Abende

So besonders wie die Akteure sind auch Spielstätten, die – wie die Jahreszeit – einen einzigartigen Charme besitzen. Von der atemberaubenden Bibliothek Maria Langegg bis zum Stift Dürnstein mit seinen markanten blau-weißen Türmen ist alles dabei, was die Seele der Wachau widerspiegelt. Ursula Strauss‘ persönlicher Lieblingsplatz ist die Burgruine Aggstein. Klar also, dass „Wachau in Echtzeit“ auch hier immer wieder Veranstaltungen gestaltet. „Es ist Anfang November, es ist spooky dort – und es ist ein wunderbar mystischer Ort, zu dem wir immer wieder passende Stücke finden“. Von klein auf hat es ihr die Ruine am rechten Donauufer angetan. Der Fels und seine Sagen, die sich um ihn ranken, sind aber auch geheimnisvoll. „Die Mama hat früher am Weg zu den Heurigen immer alte Sagen erzählt. Über den Teufelsfelsen, die Hasen von St. Michael, die Kuenringer, Richard Löwenherz, Dürnstein, … geliebt hab‘ ich das“, schwärmt sie und fragt, „Warum erzählst‘ die eigentlich nicht mehr, Mama?“

Ursula Strauss über Auszeiten

„Ich hab so viel Halli Galli in meinem Leben, so viel Trubel – in brauch das zum Durchatmen.“

Die Leichtigkeit wohnt am Land

Reflektiert und ausgeglichen wirkt Ursula Strauss. Mit ihrer Familie, dem Mann, den keiner kennt, und der Leichtigkeit, die sie wiedergefunden hat. „Wennst die ganze Woche von früh bis spät am Set stehst, das ist extrem anstrengend. Man sehnt sich nach Privatleben und Privatsein“, erzählt die „Schnell ermittelt“-Kommissarin offen und lässt den Blick über den Winzerhof aus dem 11. Jahrhundert schweifen. „Die Stadt ist Beruf – das Land ist das entspanntere Lebensgefühl. Zur Ruhe kommen, den Augen gönnen, dass man grün sieht. Das ist so erholsam.“

„Ich versuche, wahrhaftig zu sein – und ganz in die Figuren einzusteigen.“

Einmal Schauspielerin, immer Schauspielerin

Die vielen Gesichter der Ursula Strauss

Etliche herausragende Charaktere hat sie schon gespielt. „Dabei darf man sich nicht verlieren“, sagt sie. Wenn man an Figuren wie die Susanne im Oscar-nominierten „Revanche“ denkt, für die sie einen eigens kreierten Spezialpreis auf der Diagonale erhalten hat, oder an „Maikäfer, flieg!“ als Christine Nöstlingers aufbrausende Mutter, weiß man, dass sie besondere Rollen sucht. „Ich möchte mich noch von vielen Rollen überraschen lassen. Historische Rollen zum Beispiel, eine Habsburger-Soap zum Beispiel“, sagt sie. Heute ist sie auch froh, dass sie vor xx Jahren begonnen hat, „Wachau in Echtzeit“ auf die Bühne zu bringen. Der Anfang war nicht immer leicht, wurde doch im ersten Jahr kolportiert, dass sie nur ihren Namen und ihr Gesicht hergibt. Tatsächlich verhält es sich ganz anders: Das Programm fürs nächste Jahr zum Beispiel gibt es bereits – wenn auch nur in Ursulas Kopf. Und ein Akteur steht bereits fest: mit ihrer stillen, fast morbiden, Atmosphäre, spielt die Wachau wie immer in jedem Stück eine Hauptrolle.

Text und Fotos: Magda Bauer, Büro Bauer&Band

Kontakt

Das Festival „Wachau in Echtzeit" bespielt im Oktober und November einige der schönsten Schauplätze der Weltkulturerberegion. Eine besondere Gelegenheit für Kulturliebhaber, die Wachau außerhalb der Hochsaison zu besuchen.

Programminfo und Tickets Wachau Kultur Melk GmbH
Jakob-Prandtauer-Straße 11
3390 Melk
Tel: +43 2752/540 60
www.wachaukulturmelk.at

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